Neben den aktuellen Hypethemen rund um OpenAI, ChatGPT und dem kürzlich angekündigten Microsoft Copilot ist Employee Experience ein Thema, das mich täglich intensiv beschäftigt. Durch verschiedene Aktivitäten möchte ich die Awareness und das Verständnis für dieses Thema im Markt vorantreiben. In diversen Gesprächen stelle ich immer wieder eine ähnliche Ausgangssituation fest: Die Personen sind sehr interessiert an einer Employee Experience oder genauer an Microsoft Viva, haben aber noch einige Schwierigkeiten damit.
Dies hat aus meiner Sicht verschiedene Ursachen. Zum einen sind die Unternehmen immer noch damit beschäftigt, die Ad-hoc-Einführungen aus der Pandemie zu korrigieren. Governance zu erarbeiten und zu implementieren, den Wildwuchs in den Teams zu beseitigen und das allgemeine Verständnis für M365 und dessen Ansatz zu verankern. Für andere ist Microsoft Viva interessant, aber sie haben Schwierigkeiten, auf die Employee Experience Plattform zuzugreifen und zu beurteilen, für welche Themen welche Personen verantwortlich sind.
Aus diesem Grund möchte ich in diesem Artikel die Perspektive auf Viva wechseln. Weg von den einzelnen Pillars, hin zu einer Unternehmensperspektive mit den jeweiligen (häufigsten) Abteilungen.
Das Fundament
Die Basis für die Einführung von Viva liefert Microsoft 365. Dementsprechend sollten die Unternehmen die wichtigsten Grundlagen von M365 bereits gelegt und damit auch die entsprechenden Strukturen geschaffen haben, damit Viva als nächster Baustein ergänzt werden kann.
Eine neue Gleichung der mitarbeitenden
Neben den technologischen Veränderungen und den geschaffenen Grundlagen. Auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden haben sich verändert. Man spricht sogar von einer Art neuen Gleichung, welche die Mitarbeitenden aufstellen, wenn sie eine neue Stelle antreten. Heute spielen mehrere Faktoren in diese Gleichung hinein:
Flexibilität x soziale Kontakte x Sinn der Arbeit x Gehaltscheck x […] = Arbeitgeberattraktivität.
Natürlich muss man an dieser Stelle deutlich erwähnen, dass dies je nach Branche sehr unterschiedlich aussehen kann. So funktioniert Home-Office nicht in allen Branchen gleich gut und gleichzeitig ist Home-Office auch nicht die einzige Messgrösse für den Faktor Flexibilität.
Wieso die Einführung von microsoft viva kein IT-projekt ist
Wie so oft, sobald es sich um ein neues Tool handelt, werden die Projekte der IT-Abteilung zugeordnet. Dies mag aus technischer Sicht sinnvoll sein, nicht aber aus Sicht des Endanwenders. Betrachtet man Viva und die Ziele, die wir mit den einzelnen Modulen der Plattform erreichen wollen, so wird schnell klar, dass dies in verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens und nicht in der IT angesiedelt sein muss. (Bildquelle: eigene Darstellung, inspiriert der Microsoft-Grafik)

Wie die Abbildung zeigt, spielt die IT natürlich immer eine Rolle in den Einführungsprojekten und auch im Betrieb. Es bedarf jedoch eines Umdenkens, dass nicht zwingend die IT der Treiber der Themen ist. Vielmehr braucht es das Business, dessen Know-how und letztlich auch dessen Anforderungen für eine zielgerichtete Umsetzung eines einzelnen Viva Moduls. Mit Viva Home lanciert die Microsoft eine Applikation in Teams, welche alle Viva Module, sowie das Connections Dashboard auf einen Blick vereint und dadurch den Zugriff auf die Viva Module noch weiter vereinfacht.
Interne Kommunikation
Der Microsoft Work Trend Index zeigt, dass sich Führungskräfte (96%) und Mitarbeitende (95%) einig sind, dass effektive Kommunikation die wichtigste Fähigkeit ist, über die man heute verfügen muss. Um effektiv kommunizieren zu können, braucht es neben einem klaren Kommunikationskonzept vor allem ein Tool, das alle Mitarbeitenden erreicht. Und mit allen Mitarbeitenden sind auch die sogenannten Frontline Worker gemeint. Denn eines haben uns die letzten Jahre auch gezeigt: Unternehmen müssen dafür sorgen, dass sich die Menschen zu Hause nicht isoliert und abgehängt fühlen.
Die Connection-Pillar von Microsoft Viva wirkt dem entgegen. Denn eine zielgerichtete Kommunikation lässt sich für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Anwendungsfälle einfach mit Viva und damit in die bestehende M365-Welt integrieren.
- Viva Connections: Dein SharePoint Online Intranet mit zusätzlichen Funktionen direkt in Teams
- Viva Engage: Ehemals Yammer bietet die Möglichkeit Communities aufzubauen und in diesen zu kommunizieren.
- Viva Amplify: Das neue Tool um kampagnenorientiert zu kommunizieren und Kommunikation messbar zu machen, mit wenigen Klicks kann eine News in verschiedene Kanäle wie z.B. Facebook, Twitter, etc. verbreitet werden.
Natürlich beziehen sich diese Tools nicht nur auf die interne Kommunikation, sondern auf das gesamte Unternehmen, damit eine gute Kommunikation aus allen Bereichen erfolgen kann.
People & Culture
Aus Sicht der Abteilung People & Culture (auch HR genannt) gibt es verschiedene Herausforderungen, denen man sich täglich stellen muss. Eine davon ist die Säule Wachstum. Einerseits stehen viele Unternehmen vor einer grossen Pensionierungswelle. Nicht selten handelt es sich bei diesen Personen um langjährige Mitarbeitende und damit um viel implizites Wissen über das Unternehmen, welches jedoch nirgends dokumentiert ist. Andererseits ist die sinnvolle Dokumentation von Wissen in Unternehmen generell eine grosse Herausforderung.
Hier setzt Viva Topics an und bietet einer Unternehmung die Möglichkeit, Wissen KI-basiert zu extrahieren und durch sogenannte Topic-Owner in der Unternehmung weiter zu festigen.
Im zweiten Modul der Wachstumssäule dreht sich alles um das Lernen am Arbeitsplatz. Wir wissen, dass Mitarbeitende nur etwa 1% ihrer Arbeitszeit für Weiterbildung zur Verfügung haben. Ein Blick auf die heutigen Landkarten der Lernsysteme zeigt, dass diese sehr oft vom eigentlichen Arbeitsumfeld entkoppelt sind. Lernen kann also nicht im Fluss der Arbeit stattfinden, sondern findet ausserhalb statt. (Bildquelle: microsoft.com)

Erschwerend kommt hinzu, dass Lerninhalte heutzutage auf viele verschiedene Systeme verteilt sind, Microsoft Learn, LinkedIn Learning, SuccessFactor, Pluralsight usw. Wäre es da nicht genial, alle Inhalte an einem Ort zu haben? Genau das macht Viva Learning und bietet damit nicht nur einen übergeordneten Lernhub, sondern gleichzeitig ein natürliches Lernen im Flow of Work.
Aus meiner Sicht gehört neben der Growth-Pillar auch die Insight-Pillar zu People & Culture. Mit Viva Insight verfolgt man das Ziel, Arbeitsmuster auf verschiedenen Ebenen zu erkennen. Nicht nur das bereits erwähnte Gefühl der Entkoppelung, sondern auch der Trend zur Überforderung birgt Gefahren im Homeoffice. Die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben verschwimmen immer mehr. Ein paar Schritte und ich bin von meinem Arbeitsplatz im Wohnzimmer oder am Kühlschrank. Immer öfter hat man das Gefühl: «Ach, das kann ich auch noch schnell erledigen» und schon sind wieder zwei Stunden vorbei. Hier kann Viva Insights auf verschiedenen Ebenen unterstützen.
Auf der persönlichen Ebene erhält man die Auswertung seiner Arbeitsmuster, die auch nur für einen persönlich einsehbar sind. Oder man kann seine Fokuszeiten planen, eine Pause mit einer Headspace-Meditation einlegen und vieles mehr. Zusätzlich gibt es die Ebenen der Führungskräfte und Manager eines Unternehmens. Wobei sich hier, unter Berücksichtigung des Datenschutzes, weitere Auswertungen für zusätzliche Mustererkennungen der Arbeit anbieten. Als Beispiel könnte man aus Sicht der Leader sehen, dass ca. 50% der Manager, seit mehr als einem Monat keine 1:1 Meetings mit Ihren Mitarbeitenden hatten, was wiederum ein Indiz dafür sein kann, warum sich die Mitarbeitenden disconnected fühlen.
Diese Einblicke erhält man je nach Lizenz und Level auf drei verschiedenen Ebenen: Leader, Manager und Individual – wobei der Datenschutz immer gewährleistet ist und auch Leader und Manager keine Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen können. Besonders spannend ist die individuelle Erweiterung der Datenauswertung mit Power BI, wo man gezielte Auswertungen vornehmen kann, um noch bessere Einblicke in das Unternehmen zu erhalten.
Darüber hinaus ist aus Sicht von People & Culture der interne Puls ein wesentlicher Faktor. Heute muss man auf Tools von Drittanbietern wie Loopline zurückgreifen. Microsoft ist sich der Wichtigkeit dieser Thematik jedoch sehr bewusst und hat mit Viva Pulse ein weiteres Modul für Viva angekündigt. Dieses soll im Laufe des Jahres 2023 zur Verfügung stehen. Damit können Mitarbeiterbefragungen direkt in der Microsoft-Welt durchgeführt werden, wodurch eine weitere Herausforderung der hybriden Arbeitswelt direkt in der Microsoft-Welt angegangen werden kann.
Management / Business Developement
Die nächste Säule ist der Purpose. Wir haben eingangs gelesen, dass der Sinn der Arbeit für die Mitarbeitenden heute ebenfalls ein wichtiger Bestandteil ist. Als Mitarbeitende möchte man verstehen, welchen Impact die tägliche Arbeit für das Unternehmen hat.
Mit Viva Goals erhält man die Möglichkeit, den OKR-Ansatz seiner Unternehmung direkt in Microsoft Teams abzubilden. Hier kommt das Management und Business Development ins Spiel, die natürlich nicht die OKRs für das gesamte Unternehmen definieren, aber entscheidende Stakeholder bei der Einführung dieses Frameworks und damit auch von Viva Goals sind.
In jedem Fall geht es darum, den OKR-Ansatz im Unternehmen zu fördern, damit mehr Transparenz zu schaffen und letztlich den Mitarbeitenden die Relevanz der Menschen und ihrer Arbeit aufzuzeigen.
Verkauf
Last but not least das letzte Modul. Viva Sales ist insofern eine Besonderheit in der Viva-Landkarte, als dass hier von einer Role-Based-Experience gesprochen wird. Wie so vieles finden natürlich auch hier alle Verkaufsgespräche remote statt und somit gibt es eine Lücke zwischen den bestehenden CRMs und der Arbeitsumgebung. Denn viele Informationen erhält man direkt in einem Teammeeting oder per E-Mail.
Mit Viva Sales erhalten die Vertriebsmitarbeiter die Möglichkeit, die Informationen aus den Arbeitsumgebungen wie z.B. Teams oder Mail direkt in ihr CRM zu übertragen. Besonders spannend ist hierbei, dass Viva Sales nicht nur mit Dynamics365 funktioniert, sondern auch oder vor allem mit Salesforce.
Und jetzt?
Selbstverständlich ist diese Betrachtungsweise nichts neues und wurde bzw. sollte auch bei allen anderen M365 Tools so gelebt werden. Das Business gibt die Anforderungen und Anwendungsfälle vor und dies wird gemeinsam mit der IT realisiert. Primär ist aber vor allem wichtig, dass das Business die Möglichkeiten der Tools (auf dem Markt) kennt und anschliessend eine schrittweise Einführung erfolgt. Im Envisioning Part sehe ich wiederum die IT als Enabler, welcher die neusten Trends auf dem Markt dem Business vorstellen soll und das Business abwägen kann, was gewinnbringend sein kann und was nicht.
Wie immer ist das stuckweit eine Huhn-Ei-Frage, welche aber definitiv grosses Potential für eine Unternehmung hat. Weiter muss dies natürlich von der Unternehmung getragen werden, denn sowohl die IT, wie auch das Business ist meistens sehr gut ausgelastet, so dass Neues meist zurückpriorisiert wird. An dieser Stelle lohnt sich dann häufig eine Externe Partei, damit man solche Themen mit der notwendigen Konsequenz behandeln kann.
Deine Meinung zählt
Wie schätzt du meine Zuweisung nach den Stakeholdern ein? Hast du eine andere Auffassung auf das ganze? oder allenfalls sogar die genau gleiche? Lass es mich in den Kommentaren wissen.