Ich bin ein Mensch, Dem Mut, Lebendigkeit, Wachstum, Fülle und Spass Im Leben wichtig sind
Auf das heutige Interview habe ich mich ganz besonders gefreut. David durfte ich im Rahmen meines Studiums kennenlernen und er war einer meiner Weggefährten in den vier Jahren. David ist und war für mich eine inspirierende Persönlichkeit, was er auch heute im Interview unter Beweis stellt. Ich bedanke mich recht herzlich bei ihm, für seine offene und ehrliche Art über Dinge zu sprechen, welche wir viel zu wenig machen.
Traut euch, die Maske abzulegen. Das Aufrechterhalten einer Fassade bringt keinen Vorteil.
(Aus dem Interview mit David Lüscher)
Das interview mit David Lüscher
Pascal: Danke lieber David, dass du dir die Zeit nimmst für das Interview. Wir durften uns im Rahmen des Studium in Informatik kennenlernen und konnten immer wieder sehr tiefgründige Gespräche führen. Dabei finde ich deine Art und Weise, wie du Dinge siehst und angehst sehr inspirierend. Aus diesem Grund freut es mich umso mehr, dass wir gemeinsam dieses Interview durchführen können. Doch von vorne: Wenn dich jemand auf der Strasse anspricht und dich fragt “Wer bist du? Was machst du und was beschäftigt dich im Leben” Was wäre deine Antwort?
David: Ich sehe, es geht gleich ans Eingemachte! “Die “Wer bist du? » Frage ist eine spannende. Schlussendlich zielt die Frage ja darauf ab, mehr über die Identität des Gegenübers zu erfahren.
Intuitiv beantworten wir die Frage ja im ersten Moment meistens mit Attributen, welche gesellschaftlich akzeptiert sind und der Gesellschaft helfen uns einzuordnen. Wir definieren uns also über das “Aussen”. Wenn wir die “Wer bist du” Frage über das “Innen” beantworten, dann fällt die Antwort den meisten Menschen schwerer.
Aber um auf den Punkt zu kommen: ich bin ein Mensch, dem Mut, Lebendigkeit, Wachstum, Fülle und Spass im Leben wichtig sind. Aktuell bin ich unternehmerisch tätig und prüfe gerade verschiedene Geschäftsideen, um ein eigenes Startup zu gründen. Und im Leben generell beschäftigt mich die Frage, wie wir Menschen unser volles Potenzial entfalten und ein erfülltes Leben führen können.
Du betreibst selber einen Blog und beschäftigst dich stark mit Themen rund um Mental Health. Auf deiner Webseite ist dein erster Satz “The central question I explore through my work is «How can we live a fulfilling life?».” Aus welchem Grund beschäftigt dich diese Frage?
In meinen 20iger gab es eine Phase, da steckte ich in einer Sackgasse. In dieser Phase erlebte ich Schlafprobleme und am Tiefpunkt auch Panikattacken. Es war keine berauschende Zeit, aber eine unglaublich lehrreiche. Ich begann mir meinen Denk- und Handlungsmustern bewusst zu werden und aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen, was es für mich bedeutet, ein erfülltes Leben zu führen. Später realisierte ich, dass ich mit dieser Erfahrung nicht allein bin. In der einen oder anderen Form beschäftigt die Frage nach dem erfüllten Leben oder dem Glück uns alle.
Während meines Sabbatical im ersten Halbjahr 2022 beschäftigte ich mich erneut tiefer mit diesen Themen und ich begegnete auf meinen Reisen vielen Menschen, die sich mit den gleichen Themen beschäftigten. Daraus entstand die Idee einen Newsletter zu starten, um anderen Menschen zu helfen auf ihrem Weg zum Leben eines erfüllten Lebens.
Danke für deine Offenheit. Ich nehme das immer wieder wahr, dass wir in der Gesellschaft sehr zurückhaltend mit solchen Momenten sind. Auf der einen Seite mehr als verständlich, da es keine schöne Zeit ist. Zum anderen glaube ich aber, wie du auch sagst, dass wenn man merkt “man ist nicht alleine”, dass das auch befreiend sein kann. Ich kann mir vorstellen, dass gerade der Austausch mit Personen, welche ähnliches erlebt haben, sehr wertvoll sein kann. Zurückblickend, was war für dich besonders hilfreich in dieser Zeit? Kannst du Personen, welche sich ähnlich fühlen, etwas mit auf den Weg geben?
Ich definierte mich früher stark über Leistung und Erfolg. Scheitern / etwas falsch machen war für mich schlimm und ich verurteilte mich dafür. Das führt natürlich nicht zu Entspannung, sondern im Gegenteil zu noch mehr Druck. Dann hatte ich damals ebenfalls den Glaubenssatz verinnerlicht, dass ich keine Schwäche zeigen darf – insbesondere als Mann.
Wenn der Selbstwert vom Erfolg im Aussen abhängt und jemand sich selbst kein guter Freund ist und sich stetig noch mehr Druck auferlegt, dann führt das über kurz oder lang zu unangenehmen Situationen.
Zu erkennen, dass diese Sackgasse das Resultat von meinen Denk- und Handlungsmuster sowie Glaubenssätzen war, half mir zu verstehen, dass ich auch die Macht habe, mein Leben zu verändern durch die Veränderung dieser Muster. Das war sehr kraftvoll und hilfreich.
Was ich anderen Menschen mit auf den Weg geben möchte?
Traut euch, die Maske abzulegen. Das Aufrechterhalten einer Fassade bringt keinen Vorteil. Denn wenn nach aussen hin alles in Ordnung scheint und innen Chaos herrscht, dann führt dies meist dazu, dass man sich noch stärker abgeschnitten von seinem Umfeld und einsam fühlt. Sich von einer verletzlichen Seite zu zeigen, braucht zwar Mut, aber es verbindet und gibt dem eigenen Umfeld die Möglichkeit zu verstehen, wie es einem wirklich geht und es bietet die Möglichkeit zu lernen, dass wir alle unsere herausfordernden Momente haben und Hilfe anzunehmen – in welcher Form auch immer – in Ordnung ist.
David Lüscher
David Lüscher beschäftigt sich auf DavidLuescher.com mit der Frage wie wir ein erfülltes Leben führen können. Jeden Montag teilt er in einem Newsletter spannende sowie teilweise kontroverse Ideen und Werkzeuge für seine Leserschaft. Als Unternehmer ist er mit Begeisterung in der Start-Up Szene unterwegs und in seiner Freizeit ist er im Yoga-Studio oder beim CrossFit anzutreffen.
Das überraschendste Ergebnis der Studie war, dass die Menschen weniger glücklich waren, wenn ihre Gedanken abschweiften, als wenn sie nicht abschweiften, und dies galt für alle Tätigkeiten, auch für die unangenehmsten
Was bedeutet für dich ein “fulfilling life”? und was braucht es dazu, dass du bzw. “wir” (sofern wir das verallgemeinert können) erreichen?
Ein erfülltes Leben sieht für jede Person anders aus.
Für mich persönlich bedeutet ein erfülltes Leben, dass ich intellektuell herausgefordert werde, jeden Tag die Möglichkeit habe, mich körperlich zu betätigen (bspw. längerer Spaziergang, Crossfit, Yoga) sowie dass ich in regelmässigen Abständen Zeit mit mir wichtigen und geliebten Menschen verbringen kann.
Was wohl verallgemeinert gesagt werden kann: Wer ein erfülltes Leben führen will, muss seine Werte kennen und im Einklang mit diesen handeln können. Oftmals wissen viele Menschen gar nicht erst, was ihre Werte sind.
Um seine eigenen Werte zu finden, kann ich eine Übung empfehlen, bei der es darum geht, seine eigene Trauerrede zu schreiben. Es hört sich im ersten Moment vielleicht etwas verrückt an, aber die Übung ist sehr effektiv. Man braucht lediglich 45-60 Minuten Zeit, ein Stift und Blatt Papier und widmet sich dann der Frage “Was soll bei meiner Beerdigung über mich gesagt werden in der Trauerrede?”. In der Antwort auf diese Frage finden sich dann Hinweise auf die wirklichen Werte, die uns eigen sind. Die Aufgabe, die danach folgt, ist zu prüfen, wie man für sich ein Umfeld kreieren kann, welches das Handeln im Einklang mit den eigenen Werten ermöglicht.
Das klingt äusserst spannend und habe ich noch nie in dieser Form gemacht. In einem ersten Moment klingt das in der Tat etwas abschreckend, aber ich sehe den Beweggrund. Ich nehme an, man stellt dann auch eine gewisse Diskrepanz zwischen seinen Vorstellungen und dem effektiven Leben. Gleichzeitig herrscht auch ein gewisser Druck von der Gesellschaft für gewisse Werte und Normen. Wie bist du damit umgegangen?
Ja, es ist so, dass in der Gesellschaft und im öffentlichen Diskurs gewisse Wertvorstellungen dominieren und man den Eindruck gewinnen kann, dass nur eine gewisse Bandbreite an Werten oder Lebensentwürfen akzeptiert ist.Ich glaube, der Schlüssel besteht darin zu verstehen, dass Glück das Ergebnis selbstverantwortlichen Handelns ist.
Wenn ich jemandem die Schuld in die Schuhe schiebe, dass ich mein Leben nicht nach meinen Werten leben kann, dann mache ich mich abhängig – sei es der Gesellschaft als Ganzes oder einer Person. Das kann ja auch durchaus angenehm sein, weil ich dann nichts ändern muss und weitermachen kann wie bisher.
In dem Moment, in dem ich die volle Verantwortung übernehme für mich und aufhöre, mich abhängig zu machen, beginnt echte Transformation.
Spannenderweise oder wahrscheinlich viel eher bewusst, kommt dein neuer Beitrag jeweils am Montag, um «gut in die Woche zu starten”. Nun ist für viele Personen der Montag immer noch ein schlimmer Tag, da man dort wieder zur Arbeit muss. Was denkst du, wieso ist dieser Tag für so viele Personen so schlimm? Manchmal habe ich auch das Gefühl, das ist einfach eine generelle Einstellung, jedoch hat man gar nicht wirklich Grund dazu. Wie schätzt du das ein?
Mein Newsletter erscheint am Montag mit der Idee, den Menschen mit Beginn des Wochenstarts ein kleines Werkzeug in Form einer Idee oder ein Stück Inspiration mit auf den Weg zu geben für ihren Weg zu einem erfüllten Leben.
Der Montag kann natürlich ein unangenehmer Tag sein, wenn man sich nach dem Wochenende wieder in ein Umfeld begeben muss, in dem man nicht nach seinen Werten handeln kann. Dann lebe ich in einer konstanten Anpassung und dies kostet Energie.
Ich glaube, gefährlich wird es wie gesagt dann, wenn man nicht die Verantwortung für sich selbst wahrnimmt und entsprechend nach Lösungen für die Verbesserung der eigenen Lebenssituation sucht. Eine Lösung kann manchmal in grösseren Veränderungen wie einem Jobwechsel resultieren, aber auch in im Aussen nicht wahrnehmbaren Veränderungen bspw., in dem ich die Technik des “Reframing” anwende und versuche herauszufinden, was ich aus dieser (unangenehmen) Situation lernen kann.
Wie sieht deine persönliche Erfahrung mit Mental Health bzw. Achtsamkeit aus? Hast du ein Konzept für dich gefunden, welches du im Arbeitsalltag verankert hast?
Im Jahr 2010 veröffentlichte die Harvard University eine Studie mit dem Titel «A wandering mind is an unhappy mind».
Das überraschendste Ergebnis der Studie war, dass die Menschen weniger glücklich waren, wenn ihre Gedanken abschweiften, als wenn sie nicht abschweiften, und dies galt für alle Tätigkeiten, auch für die unangenehmsten.
Interessanterweise deckt sich die Harvard-Studie mit den Lehren philosophischer und religiöser Traditionen, wonach man sein Glück findet, wenn man im Augenblick lebt, und darüber hinaus trainieren viele dieser Traditionen die Praktizierenden darin, dem Umherschweifen der Gedanken zu widerstehen.
Deswegen bin ich überzeugt, dass das bewusste Trainieren der Fähigkeit, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, hilft, glücklicher und gesünder durch den Alltag zu gehen. Wenn jemand durch Meditation besser zu sich selbst oder in den gegenwärtigen Moment zurückfindet, ist das sicher hilfreich, aber es ist sicherlich nicht die einzige Form. Für manche mag Meditation funktionieren, wiederum für andere ist es Bewegung, mit einer geliebten Person Zeit zu verbringen oder Malen/Musizieren. Ich habe mit verschiedenen Routinen experimentiert. Was sich bei mir bewährt hat und ich auf Dauer anwenden kann:
- Die Verwendung der “One Sec” App, welche mir hilft, einen bewussteren Umgang mit den Social Media Apps auf meinem iPhone zu haben.
- Eine Mini-Meditationspraxis von 3 Minuten täglich – manchmal ist es auch mehr wenn ich Zeit habe
- Tägliche Bewegung von 30-60 Minuten, im Minimum ein Spaziergang von 30 Minuten, wenn es mein Kalender zulässt ist es 3-5x pro Woche Yoga oder Crossfit
Hast du hierzu spürbare Verbesserungen gemerkt? Wenn ja, wie hat sich dies gezeigt?
Die Etablierung dieser Routinen, insbesondere der Meditations- und Sportroutine fiel mir zu Beginn alles andere als leicht. Aber ich fühle mich insgesamt ausgeglichener und geerdeter durch diese Aktivitäten.
Wenn du dem Lesenden was mit auf den Weg geben könntest oder einen Gedankenanstoss für den Tag, was wäre dieser?Was würden Sie auf eine Plakatwand schreiben, um eine Botschaft an Millionen von Menschen zu übermitteln?
Die berühmte Billboard Frage von Tim Ferris – I like it! Meine simple Botschaft würde lauten: Sei nett zu dir selbst.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast und Einblick in deine Gedanken und Ansätze gewährt hast. Und für alle, die ebenfalls einen perfekten Start in die Woche haben möchten, meldet euch bei David’s Newsletter an: https://www.davidluescher.com
Deine Meinung
An dieser Stelle nochmals ein grosses Dankeschön für die Offenheit und Transparenz lieber David. Ich hoffe, das Interview hat euch gefallen und inspiriert. Ich freue mich über eine Rückmeldung in den Kommentaren.